Themen dieses Kapitels:

A) STERBEN, TOD und JENSEITSHOFFNUNG in asiatischen und europäischen Kulturen
B) Worauf hoffen wir heute?



A) Sterben, Tod und Jenseitshoffnung

in asiatischen und europäischen Kulturen

Einführung
Bei der letzten Sitzung haben wir die Hauptparadigmen der asiatischen und europäischen Kulturen unter die Lupe genommen und festgestellt, dass es im 21. Jahrhundert nicht nur religiöse Menschen gibt, sondern dass es weltweit im 21. Jahrhundert auch Millionen von Menschen gibt, die sich als atheistisch, agnostisch, humanistisch usw. bezeichnen. Auch innerhalb der einzelnen Glaubensgemeinschaften gibt es Menschen, die sich nicht konfessionell gebunden betrachten und eine „liberalere“ Form des religiösen Denkens vertreten. Allen gemeinsam dennoch ist die Hoffnungsfrage. Haben die Mehrzahl der Christen, Juden und Muslims sich bislang auf das Paradies nach dem Tod gesehnt, so meinen z.B. marxistisch-sozialistische Denker, man soll ein Paradies auf Erde schaffen. Es fällt auf: alle möchten, dass es ihnen hic et nunc besser geht. Auch wenn wir unterschiedlich denken, praktisch, d.h. was das konkrete Leben heute angeht, denken wir ähnlich.
Letztlich, meine ich, geht es um die Frage, wie wir ein sinnvolles Leben innerhalb der Gesellschaft, in der wir jetzt leben, miteinander gestalten können und sollen.

I) Zunächst versuchten wir, den Begriff „Jenseits“ genauer unter die Lupe zu nehmen. Wenn wir von einem Jenseits sprechen, setzen wir ein Diesseits voraus. Damit sagen wir, dass die Welt der Menschen und der Natur Grenzen hat. Da dies offensichtlich der Fall ist, machen wir uns in der Regel keinerlei Gedanken darüber, was „Jenseits“ beinhaltet. Das ist doch wichtig, wenn wir klären wollen, welche Hoffnungen damit verbunden sind.
a.) Wie wir mehrfach in den Vorlesungen besprochen haben, hat der Mensch bereits in der mythischen Phase seiner Evolutionsgeschichte entdeckt, dass er in Raum und Zeit lebt. Er ist sich der Grenzen seiner räumlichen sowie zeitlichen Erfahrung bewusst.. Das Himmelsgewölbe ist die äußerste Grenze. Es stellen sich die Fragen nach dem Anfang und Ende seines Lebensraums. Ebenfalls stellt sich die Frage nach einem (jenseitigen?) Schöpfer. In der mythischen Phase der Weltgeschichte sind die Menschenbilder weitgehend anthropomorph und ethnozentrisch. Bereits in dieser Phase entwickeln sich Riten und Rituale, die die Lebensphasen des Menschen und deren Beziehung zu den Naturzyklen abstecken.
b.) Philosophisch gesehen, entstehen erst während der „Achsenzeit „ (K. Jaspers) der Weltgeschichte (etwa 800 - 600 v.u.Z.) die ersten monotheistischen Auffassungen, die gleichzeitig die ersten dualistischen Menschenbilder (Einheit von Leib und Seele) aufweisen.
Demgemäß werden Jenseitshoffnungen auf ein Leben nach dem Tod als ein Leben im paradiesischen Zustand vorgestellt. Aufschlussreich ist, dass sowohl Christen als auch Moslems und Mahayana Buddhisten solche Hoffnungen zum Ausdruck bringen. Dies bedeutet, dass man erst im Jenseits das wahre Glück zu finden meint und darauf hofft.
c.) Das (alte) metaphysische Bild von einem „göttlichen“ Jenseits und einem irdischen Diesseits wird erst im 19. Jahrhundert durch das atheistisch-marxistische Menschen- und Weltbild in Frage gestellt. Marxistisch-sozialistische Denker wollen ein Paradies auf Erden schaffen. Die Welt heute ist dadurch gekennzeichnet, dass beide „Lager“ offensichtlich gemeinsame Zukunftsziele anstreben. Sowohl „Linke“ als auch „Rechte“ machen sich Sorge um den Klimawandel, sind um die Gefahren der Atomenergie besorgt, wollen die Welt für die Kinder „besser“ machen und sich eine Welt ohne Krieg wünschen. Worauf hoffen wir heute?
II. Die Gegenüberstellung „Wiedergeburt oder Ewiges Leben“ ist m. E. nicht nur überholt, sondern auch irreführend. Denn was beinhalten diese Begriffe? Hier, meine ich, sind wir alle persönlich gefordert, eine Antwort zu suchen. Kann es sein, dass jeder Mensch „seines Glückes Schmied“ ist, selbst über den Tod hinaus? Was würde dies für unser weiteres Leben bedeuten? Worauf hoffen wir wirklich?



B) Worauf hoffen wir heute?


Die Hauptfrage für die Sitzung lautete: worauf dürfen wir heute hoffen? Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass der Mensch des 21. Jahrhunderts weiß, dass es kein Himmelsgewölbe gibt. Gibt es dennoch einen „Himmel“? Er weiß, dass er als Bewohner des Planeten Erde an einem bestimmten Ort eines Sternensystems lebt. Er vermutet, dass es am Anfang einen Urknall gab und weiß, dass das heutige Denken über die Welt von zwei Theorien bestimmt wird: die Relativitäts-Theorie und die Lehre der Quantum.-Physik. Die Formulierung einer „Unified Field Theory“ bleibt noch aus. Ist es noch sinnvoll von einem Diesseits bzw. Jenseits zu sprechen? Kann man sagen: das Weltbild des Menschen heute ist nach allen Seiten offen?
Um genauer zu bestimmen, welche Zukunftsvorstellungen bzw. –hoffnungen Menschen heute haben, wurden zwei Texte über die Paradiesvorstellungen der Moslems und der Mahayana Buddhisten besprochen. Mit Erstaunen stellt man fest, dass solche Vorstellungen in fast allen Kulturen verbreitet waren und noch sind. Doch spätestens nach dem 18. Jahrhundert in Europa gibt es Hoffnungen auf ein Paradies auf Erden. Es gab eine Vielzahl von (z. Teil persönlichen) Äußerungen über die Hauptfrage des Abends (s. oben). Das Spektrum reichte von der Hoffnung, dass man zur absoluten Erkenntnis // Wahrheit gelangen möge (anders ausgedrückt: „Gott sehen, von Angesicht zu Angesicht“) bis zu der Hoffnung, dass man schlicht so weiter leben möge, damit die Menschen im eigenen Umfeld glücklicher werden und die Welt „ein besserer Platz“ wird.




Druckbare Version

c) Karma oder freier Wille
e) Eine neue Spiritualität für das 21. Jahrhundert