n) Geist und Gehirn

Themen dieses Kapitels:

Geist und Gehirn (Ich und Person, Evolution und Glaube)


A) GEIST UND GEHIRN was ist menschlicher Geist?

Ist der GEIST ein „Produkt“ der EVOLUTION?
Die Frage nach dem ICH bzw. der PERSON.
Phlisosophische Überlegungen macht die Evolutionstheorie GOTT überflüssig?
Was sagen „Gläubige“ dazu? Über „Kreationisten“, Agnostiker und moderne Atheisten.



Diese Zusammenfassung besteht aus folgenden Abschnitten:
a. kurzer historischer Rückblick
b der Homunculus
c. Gehirn und Bewusstsein
d. Was ist eine „geistige Leistung?“



a. Dass geistige Vorgänge irgendwie etwas mit dem Gehirn bzw. dem „Kopf“ zu tun haben, haben Menschen mit aller Wahrscheinlichkeit immer vermutet. Dies zeigt sich schon in der alltäglichen Gebärdensprache, wenn man z. B. den Zeigefinger etwa an der Schläfe des Kopfes bewegt, um eine geistige Störung anzudeuten. Dennoch: die Philosophen antiker Zeiten (in den meisten Kulturen) vermuteten, das Gehirn könnte auch im Blut oder Herzen oder auch etwas Nicht - Materielles sein. Bekannt ist die Ventrikellehre der Antike, die
den Geist in den Hohlräumen des Gehirns lokalisierte. Der Arzt Galenos vermutete in jedem
der drei Ventrikel ein Grundvermögen. Diese Ventrikellehre herrschte im Westen bis ins
16. Jahrhundert und erst danach begann man, „die grauen und weißen Zellen“ des Gehirns für grundlegend zu halten. Viele hielten Geist (bzw. Seele) für etwas Materielles, aber von sehr feiner Natur: Spiritus. Erst im europäischen Mittelalter durch den neoplatonischen Einfluss in der christlichen Theologie traten die modernen Gegensätze Leib – Seele bzw. Gehirn – Geist in Erscheinung.
Der neuzeitliche Dualismus ist mit dem Namen des Franzosen DESCARTES verbunden,
der als Mathematiker auch ein mechanistisches Weltbild vertrat. Er war der Meinung, dass
die (im Grunde) immaterielle Seele (bzw. Geist) über die Zirbeldrüse mit den Gehirnprozessen in Verbindung kommt.
Im 19. Jahrhundert kam der Durchbruch in der Hirnforschung: die Ärzte BROCA (1861) und WERNICKE (1974) lokalisierten die Regionen in der linken Hirnsphären, die mit Sprache zu tun haben. Die weiteren Entwicklungen sind allgemein bekannt: im 20. Jahrhundert kamen elektrophysiologische Methoden dazu bis hin zu den allgegenwärtigen EEGs, die auch zu Forschungszwecken gebraucht werden, z. B. Aktivitäten der Großhirnrinde zu messen. Wie wir heute wissen, gehört die Positronen – Emissions – Tomographie oder PET zur Grundausrüstung der Krankenhäuser: die Aktivität des Gehirns wird durch den Schädel hindurch gemessen und auf Computerbildern sichtbar gemacht.

b. Die Selbststrukturierung der Wahrnehmungsinhalte im Gehirn. Um das Problem von Wahrnehmungen (durch die Organe) und deren Integration im Gehirn besser zu verstehen, wird weiterhin geforscht. Wir haben auf eine Abbildungstheorie am Beispiel des „Homunculus“ (Zeichnung in den Unterlagen) hingewiesen: man entdeckte im Cortex der Säugetiere eine relative genaue „Repräsentation des Körpers“. Dies stimmte leider nicht für alle Bereiche des Wahrnehmens. Das neue Konzept hieß „Detektorkonzept“. Man erkannte aber bald, dass ein Neuron (Nervenzelle) nicht ausreicht, um bestimmte Reize zu „codieren“. Tatsächlich weiß man heute, dass „Erkennen“ und „Repräsentation“ so komplex sind, dass sie die simultane Aktivität vieler Millionen oder gar Milliarden von Nervenzellen erfordern. Außerdem betont man die Wichtigkeit von Erfahrung, Lernen und Gedächtnis. In diesem Zusammenhang gibt es eine aufschlussreiche Aussage von Wolf Singer:
„Es gibt keinen Ort, wo alles zusammenläuft und interpretiert wird, wo entschieden und geplant wird, wo der Homunculus zu finden wäre, der „Ich“ sagt“ (in: Ein neues Menschen-bild?, Frankfurt 2003, 41). (((Aber was hält den Menschen „im Innersten“ zusammen?)))

c. Gehirn und Bewusstsein
Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass das Phänomen Bewusstsein bzw. Selbstbewusstsein eine große Rolle in westlichem Denken gespielt hat. Von vielen Philosophen wird Selbst – Bewusstsein mit Geist oder Seele gleichgesetzt (in mehreren SATYAKAMA – Sitzungen wurde dies erörtert). Wie wird Bewusstsein erlebt? Es ist ein Begleitzustand von: Wahrnehmen, Erkennen, Vorstellen, Erinnern und Handeln. Festzuhalten ist, dass es diverse Bewusstseinszustände gibt. Trotzdem: ein großer Teil der Gehirnfunktionen wird nicht von Bewusstsein begleitet. Man spricht von Wachheit und Aufmerksamkeit als die zwei Hauptkomponente des Bewusstseins (weiter bei der heutigen Sitzung).

d. Geistige Leistungen: jenseits von der Textvorlage fand ein Austausch statt, und zwar über das Entstehen von geistigen Leitungen bzw. über die Frage: wie gehen Gehirnprozesse in Geistiges hinüber? Es folgten z. T. sehr persönliche Aussagen, z. B. ein Liebesgedicht ist eine geistige Leistung. Aber diverse Gehirnprozesse (Gefühle usw.) gehen voraus, bevor die hochgeistige Leistung zu Stande kommt: ich liebe dich



Fortsetzung:


B) GEIST UND GEHIRN was ist menschlicher Geist?


Ist der GEIST ein „Produkt“ der EVOLUTION?
Die Frage nach dem ICH bzw. der PERSON.
Phlisosophische Überlegungen macht die Evolutionstheorie GOTT überflüssig?
Was sagen „Gläubige“ dazu? Über „Kreationisten“, Agnostiker und moderne Atheisten.

a. Gehirn und Geist (Fortsetzung des Gesprächs der vorigen Sitzung)
b. Gehirnprozesse und geistige Prozesse
c. Und wie ist es mit den Tieren?
d. Sprache und Geist
e. Was sagt ein Hirnforscher (W. Singer)?

a. Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass in vergangenen Sitzungen mehrfach die spezifisch geistigen Fähigkeiten des Menschen (im Unterschied zum Tier) erörtert wurden.
Als Beispiele kann man nennen: die Fähigkeit Fragen über Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart, zu stellen, „jeden Unsinn“ zu glauben, zu argumentieren, Abstraktes zu formulieren usw. usw. Außerdem gibt es die bekannte (!) Formulierung:
das Tier weiß, aber es weiß nicht, dass es weiß!! Es wurde erwähnt, dass die Hirnforschung gezeigt hat, dass es keinerlei Homunculus (d.h. kein Konvergenzzentrum) im menschlichen Gehirn gibt. Man kann von einem Wunder sprechen: das Gehirn.
b. Wie hängen Gehirn- und geistige Prozesse (GGP) zusammen? Das ist eines der ältesten Probleme in der Philosophie. Was bislang Philosophen vorbehalten war, ist seit dem Entstehen der Neurobiologie ins Zentrum der globalen Diskussion gerückt. Dies ist in erster Linie der Entwicklung von neuen Techniken der Sichtbarmachung zu verdanken.
Zunächst spricht man von einer Parallelität der genannten Prozesse, die sehr eng miteinander verbunden sind. Auch der Nicht – Wissenschaftler kennt die Positronen – Emissions – Tomographie sowie die Kernresonanz – Spektroskopie. In nahezu jedem Krankenhaus kann man die eigenen GGP als Computerbilder wahrnehmen! Diese Parallelität kann man bis auf die Ebene einzelner Nervenzellen hinunter verfolgen. Eine Identität von Gehirn und Geist IST NICHT NACHZUWEISEN. GEIST UND BEWUSSTEIN TRETEN NUR UNTER SPEZIFISCHEN BEDINGUNGEN AUF. DIES HAT MIT DER WECHSELWIRKUNG IN DEN CORTIKALEN UND SUBCORTICALEN SYSTEMEN ZU TUN Die moderne Hirnforschung kann auf keinen Fall einen strengen Dualismus bestätigen. Die gegenseitige Beeinflussung ist eine Tatsache.
c. Haben Tiere Geist und Bewusstsein? Bis zum 20. Jahrhundert war die ganze Menschheit weitgehend einig: nur der Mensch hat Geist und Bewusstsein. In der heutigen Hirnforschung gibt es Forscher, die meinen, dass Geist und Bewusstsein auch bei manchen Tieren vorhanden sind. Welche Gründe werden angeführt? Bei Affen und Katzen sollen Gehirnprozesse ablaufen, die „den subjektiv empfundenen geistigen Prozessen zugeordnet werden können“. Zum zweiten, gibt es „keine tiefgreifenden Unterschiede“ zwischen menschlichen Gehirnen und Affengehirnen. Drittens: bei Affen findet man die Gehirnstrukturen, die bei Menschen Bewusstsein und Aufmerksamkeit steuern. Fazit: Affen, Hunde und Katzen sind nicht unbedingt geistlos!
d. Aufgrund meiner eigenen Beschäftigung mit der modernen Semiotik (Saussure / Peirce)
ist es für mich zumindest interessant, dass einige Hirnforscher meinen, man könne den Tieren „Geist“ nicht absprechen, weil sie keine „Sprache“ (im eigentlichen Sinne?) besitzen. Es geht hier m. E. um die Entwicklung einer Verbalsprache (Stichwort: Linguistik), die nach Ansicht der erwähnten Forscher primär nichts mit den Sprachzentren des Gehirns zu tun haben. Sie sind der Ansicht, dass „die sogenannten Sprachzentren des Menschen primär nichts mit verbaler Sprache, sondern mit symbolischer Interaktion zu tun haben“. (Meine Frage: ist verbale Sprache nicht auch symbolisch?). Hier bedarf es m. E. eine sprachwissenschaftliche Untersuchung bzw. Klärung (damit keine sprachliche Verwirrung entsteht). Die Forscher geben dennoch zu, dass dies nur Vermutungen sind! Weiteres können wir bei der Sitzung erörtern.
Da wir das Büchlein von Wolf Singer „Vom Gehirn zum Bewusstsein“(Frankfurt 2006)
eingehend besprochen haben, wollen wir auf eine Zusammenfassung verzichten.


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