l) Vom Homo Habilis zum Homo sapiens sapiens

Themen dieses Kapitels:

A) Vom Homo Habilis zum Homo sapiens sapiens – Evolution – nur eine Theorie? Was sagen die „Kreationisten“?
B) Das traditionelle Schöpfungsverständnis bei den Indern, Chinesen und Europäern (ICE)
Die Frage nach dem Menschenbild, Weltbild und „Gottesbild“ im 21. Jahrhundert – die Frage nach der Relevanz von einem Glaubensbegriff heute.




A) Vom Homo Habilis zum Homo sapiens sapiens

1. Das „Wesen des Menschen“ (das Humanum)
2. Wie dachten Europäer und Inder von Darwin? z.B. Genesis / Vishnu Purana

1. Was ist „das Menschliche“ am Menschen? Die bereits bei der vorigen Sitzung ausgehändigte Tabellenübersicht über die Selbstdeutungen des Menschen hat deutlich gemacht, wie Philosophien und Dichter über das Menschliche am Menschen gedacht und versucht haben, dies auf eine kurze Formel zu bringen. Es liegt auf der Hand, dass keine der Formeln restlos befriedigend ist. Dennoch müssen die Bemühungen weitergehen. Wie oft sagt man im Alltagsgeschehen: das ist (oder ist nicht) menschlich! Es fällt auf, dass einige der Formeln gleichsam zielnäher bzw. relevanter sind als andere. Einige wiederum schließen andere ein. Die Formeln Homo – pictor, -creator, symbolicum, -loquens zum Beispiel deuten darauf hin, dass der Mensch sich ausdrücken muss, um, wie der französische Phänomenologe Merleau – Ponty sagt, zu sich selbst zu finden, d.h. um Mensch zu sein. Der Mensch als ein Homo ludens ist eine beliebte Bezeichnung in vielen Kulturen. Das Spielerische am Menschen sollte aber nicht einseitig gesehen werden. Wenn ich Fußball spiele, spiele ich mit dem Ball, mit dem „Gegner“ aber gleichzeitig mit mir selbst! Auf einer tieferen Ebene liegen die Formeln Homo religiosus und Homo methaphysicus. Hier fragt man sich, ob der Mensch „nur von dieser Welt sei“. Es geht um eine Grundfrage der menschlichen Existenz: ist der Mensch grundsätzlich darauf ausgerichtet, was über seine Grenzen hinausgeht, wie die Religionen behaupten? Ist die sichtbare Welt die einzige Wirklichkeit, oder ist das Nichtsichtbare die Quelle des Sichtbaren? Ob man glaubt oder nicht, man muss danach fragen?
Schließlich meint die Formel Homo politicus die Tatsache, dass der Mensch mit anderen
Menschen leben muss, um Mensch zu sein. Auffallend ist sicher: keine Formel schließt andere aus! Kann man dennoch von einem „Wesen“ des Menschen sprechen? Dies bezweifelt Karl Popper, indem er sich gegen „Was ist?“ –Fragen wendet. Dieser Essentialismus, meint Potter, sucht nach einem wesentlichen Bestandteil bzw. einem innewohnenden Prinzip in jedem Ding. Er nennt diese Auffassung animistisch – sie erklärt nichts. Dennoch (S. Textvorlage) ist es sinnvoll, nach Merkmalen zu suchen, die allein dem Menschen zukommen. Im Text sind eine Reihe solcher Merkmale angeführt. Wir werden darauf aufmerksam gemacht, dass die Wissenschaft gezeigt hat, dass einige Merkmale, die man früher zum Wesen des Menschen rechnete, zumindest als Vorstufen bei Tieren zu finden sind. Daher bildet die biologische Anthropologie die Grundlage für die gesamte Anthropologie. Es liegt auf der Hand: was war Darwins „kopernikanischer“ Einfall? Vorher sollte man zurückblicken auf die Auffassungen (auf der ganzen Welt!) vor Darwin.

2. Wie dachten die Europäer und Inder vor Darwin?
Zuerst wurde den Schöpfungsbericht in Genesis unter die Lupe genommen. Bei einem kurzen Meinungsaustausch fiel auf, dass man „spontan“ meinte, der erste Akt Gottes die Schöpfung des Lichts war. Tatsächlich war am Anfang nicht aller „leer“ – denn der Geist Gottes schwebte über die Gewässer. Im Anfang war das Wasser! Besonders aufschlussreich der Begriff Geist wird verwendet, um die schöpferische Urkraft anzudeuten. Diese jüdische Erzählung führte später bei den christlichen Theologen zu der Deutung einer „Schöpfung aus dem Nichts“ (creatio ex nihilo). Es liegt auf der Hand, dass hier kein Evolutionsbericht vorliegt. Die ganze Schöpfung wird auf das Handeln Gottes zurückgeführt und hat die literarische Form einer gesungenen Liturgie, d.h. es geht um Lobpreis bzw. Gebet!

Der Schöpfungstext aus dem Vishnu Purana: Auch die indischen Mythen gehen von einer ursprünglichen Finsternis aus. Der Weltzustand wird als „Schlaf“ bezeichnet. Der deutscher Übersetzer versteht die Urkraft der Inder als „Urgeist“! Dennoch richtig ist, dass der Schöpfer selbstgeboren ist.. Die ganze Schöpfung entsteht aus der Selbstteilung des Schöpfers, der selbst in Erscheinung tritt. Die Gewässer werden Kinder des Urgeistes genannt. Sowohl Inder als auch Europäer (und Chinesen!) müssen sich nach Darwin auf ein Umdenken einstellen! Inwieweit können sich die traditionellen Philosophien und Theologien sich damit abfinden? Was ist der Standpunkt der so genannte „Kreationisten“?


B) Das traditionelle Schöpfungsverständnis

I) Die anthropologischen Aussagen der Schöpfungsmythen der Inder, Chinesen und Europäer (ICE)
Zunächst wurde eine Schöpfungserzählung aus der Urzeit der Chinesen zur Kenntnis genommen. Es wurde anschließend versucht, die anthropologischen Aussagen der ICE - Völker zu formulieren. Auffallend ist die weit verbreitete Vorstellung, dass der Urschöpfer als ein Urwesen (Urmensch!) betrachtet wird, das die Entstehung von Himmel und Erde und das Licht verursacht hat. Der Rest der Schöpfung (Natur, Lebewesen) ist aus den Einzelteilen des Urwesens (Uropfer!) hervorgegangen. Weitere anthropomorphischen Vorstellungen sind: die Überzeugung, dass es kein anderes Volk bzw. Kultur auf der Erde gibt, die wie eine
Scheibe auf den Urgewässern „ruht“; der Himmel wird als ein Gewölbe angesehen und auch eine unterirdische Welt wird wahrgenommen. Bald werden die diversen Naturkräfte (in den ersten Liedern!) personal angesprochen und weiterhin nach moralischer Gesetzmäßigkeit gefragt. Dies drückt sich in den bekannten Vorstellungen aus: „Götter“ im Himmel, „Dämonen“ in der Unterwelt.

II) In der ersten Phase wurden die Einzelthemen angedeutet, die in den nächsten 2 – 3 Sitzungen zur Sprache kommen sollen. Zunächst wäre die moderne Evolutionsbiologie zu erörtern, die mit DARWIN angefangen hat. Da die Genforschung entdeckt hat, dass die Schimpansen unsere allernächsten Verwandten sind, müsste man nach dem Kern der endgültigen Menschwerdung fragen und möglicherweise präzise beantworten. Die folgenden Sachverhalte wären zu klären: die Rolle der Sprache (was ist Sprache?), das Denken, die Entstehung des Bewusstseins bzw. des Selbstbewusstseins. Dazu gehört unvermeidlich die Frage nach der „Seele“ und dem „Ich“. Aus der Sicht der Biologie gehören die genannten Fragen zum Gesamtkomplex: Gehirn und Geist. Es liegt auf der Hand, dass die Auseinandersetzung zwischen Vertretern der Evolutionstheorie und den so genannten „Kreationisten“ auch zur Sprache kommen muss. In dieser Phase wurde eine Reihe von Detailfragen auch diskutiert.
Die zweite Phase begann mit einer Bitte aus der Runde der Anwesenden, den stets im Raum stehenden Begriff „Menschenbild“ nochmals zu erörtern. Der anschließende rege Gedankenaustausch machte zunächst klar, dass ein Menschenbild ein Kompositum aus den Antworten auf Fragen bezüglich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des jeweiligen Menschen beinhaltet. Wenn man dieselben Fragen nach der Natur bzw. der Welt stellt, so entsteht ein Weltbild. Menschenbild und Weltbild kann man zu einem Gesamtbild vereinen, das gegebenenfalls auch ein „Gottesbild“ sein kann. Der letzte Gedanke leitete nahtlos die dritte Phase ein, nachdem ich darauf aufmerksam machen musste, dass die Frage nach einem Gottesbild in diesem Jahrhundert keineswegs selbstverständlich ist. Zwei Weltkriege und die moderne Genforschung haben dazu geführt, dass spätestens nach 1945 erhebliche Teile der heutigen Menschheit sich „atheistisch“ nennen bzw. traditionelle Religions-vorstellungen ablehnen. Die Frage wurde erhoben: glaubt denn der Atheist nichts? Oder: ist der Atheismus auch nicht eine Art „Glaube“? Festzuhalten ist: der Begriff „Glaube“ kommt aus dem Nicht – Atheisten - Lager! Infolgedessen muss man fragen: braucht ein Atheist diesen Begriff? Es lag auf der Hand, dass man den Begriff Glaube aus allgemein-menschlicher Sicht klären muss. Dies habe ich den philosophischen Glauben genannt. Ich habe die These vertreten, dass dies mit der Sinnfrage zusammenhängt. Denn Menschen können nur glauben, dass das Leben einen Sinn hat, d.h. man hofft darauf! Aber woraus schöpft sich diese Hoffnung? Folgende Komponente kommen m E. zusammen: aus der eigenen Lebensgeschichte und aus der (eigenen) Sinngebung (der Mensch muss seinem Leben einen Sinn geben!). Erst durch seine Lebensgeschichte weiß der Mensch, dass das Leben lebenswert ist. Denn er hat gelebt mit Menschen, die ihm „lieb“ sind. Er kann nur hoffen, dass es weiter geht. In diesem Sinne ist die Hoffnung untrennbar von der Liebe. Diesem Gedanken begegnet man in allen Kulturen. Der hellenistisch geprägte Jude, Paulus aus Tarsus, hat dies
präzise formuliert.






















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